Lasst die Geflüchteten in Griechenland nicht hinter den Lagerzäunen allein

Schriftzug #LeaveNoOneBehind

Solidarität ist zurzeit, da die Corona-Pandemie um sich greift, in aller Munde und Politiker*innen und Medien überbieten sich darin, das solidarische Verhalten der eigenen Bevölkerung zu loben. Sicher, Solidarität ist wichtig, nicht nur in Krisenzeiten. Und auch wenn sie vor der Corona-Pandemie im alltäglichen Miteinander nicht besonders fest verwurzelt gewesen sein mag, ist es doch erst einmal zu begrüßen, dass sie während dieser globalen Gesundheitskrise praktiziert wird durch Rücksichtnahme gegenüber den Mitmenschen und Unterstützung Schwächerer.

Wenn diese „neue Solidarität“ allerdings eine rein nationale Angelegenheit bleibt, die sich nicht darum schert, wie es den Geflüchteten in den Lagern auf den griechischen Inseln und den Menschen in anderen Teilen Europas und der Welt geht, ist das dann noch Solidarität oder nicht doch nur wieder eine Variante nationalen Egoismus? Darf es sein, dass einerseits keine Mühen und (finanziellen) Aufwendungen gescheut werden, deutsche Urlauber aus aller Welt zurück zu holen oder Arbeitskräfte aus Osteuropa ins Land zu bringen, um sicherzustellen, dass pünktlich zu Ostern der Spargel auf dem Tisch stehen konnte. Es andererseits aber mit der viel beschworenen Solidarität nicht mehr sehr weit her ist, sobald ein Versprechen eingelöst werden soll, das bereits gegeben wurde bevor die Corona-Epedemie in Deutschland und anderswo in Europa um sich greifen konnte, nämlich 1000 bis 1500 unbegleitete oder schwerkranke Kinder aus den Lagern auf den griechischen Inseln zu holen, um sie auf mehrere europäische Länder zu verteilen.

Die verantwortlichen Regierungspolitiker*innen werden plötzlich zögerlich und beschwören nun die Notwendigkeit eines einheitlichen europäischen Vorgehens. Sie argumentieren, dass Deutschland bei der Aufnahme der Geflüchteten keinen Alleingang vornehmen könne, sondern dass es notwendig sei, eine europäische Lösung zu finden. Deshalb müsse zunächst sicher gestellt werden, dass auch andere EU-Länder mitziehen. Die Medien berichten spärlich und Kritik am Handeln der deutschen Regierung kommt nicht von der breiten Masse, sondern wieder einmal nur von den üblichen Verdächtigen. Dies sind meist Menschen und Organisationen, die sich schon seit längerem mit den Geflüchteten und den Zuständen in den Lagern auf den griechischen Inseln und anderswo an den EU-Außengrenzen auseinandersetzen. Nach mehr als einem Monat und erst nachdem Luxemburg eine Blaupause geliefert hat, indem es bescheidene 12 geflüchtete Kinder ins Land geholt hat, hat sich endlich auch die Bundesregierung dazu entschlossen, von den ursprünglich geplanten 250 bis 400 Kindern 55 aufzunehmen. Sieht so Solidarität aus?

Dabei sind die griechischen Camps vollkommen überfüllt und es herrschen katastrophale hygienische Zustände. Sollte in diesen Lagern die Covid-19-Epedemie in vollem Umfang ausbrechen, wären die Menschen dort der Seuche schutzlos ausgeliefert. Das dieser Virus gerade an den Orten rasant um sich greift, an denen Menschen dicht nebeneinander leben, ohne die Möglichkeit, die geforderten Hygienemaßnahmen einhalten zu können, da ihnen schlicht die nötige Infrastruktur wie direkter Zugang zu Trinkwasser und Kanalisation fehlt, kann in Griechenland [1] [2] und anderen Ländern Südosteuropas [3] in den Roma-Slums beobachtet werden, in denen Covid-19 bereits ausgebrochen ist.

Ebensowenig kann von Solidarität gesprochen werden, wenn der Tod vieler Menschen billigend in Kauf genommen wird, weil die Corona-Pandemie als Vorwand genommen wir, die Rettung und Aufnahme der in Seenot geratenen Geflüchteten im Mittelmeer einzustellen oder sich einfach als dafür nicht zuständig zu erklären.

Damit aber die seit Beginn der Corona-Krise viel beschworene Solidarität auch wirklich ihren Namen verdient, unterstützt die Griechenlandsolidarität Osnabrück die Kampagne LeaveNoOneBehind und fordert zusammen mit #Seebrücke u.a.
• die sofortige Evakuierung aller Menschen aus den überfüllten Lagern an der EU-Außengrenze und ihre Unterbringung in aufnahmebereiten Ländern und Kommunen, wo sie angesichts der Corona-Pandemie den dringend notwendigen Zugang zu medizinischer Versorgung haben können
• den sofortigen Stopp der Unterstützung der staatlichen Gewalt an der EU-Außengrenze
• die bedingungslose Wahrung der Menschenrechte und die Wiederherstellung des Zugangs zu Schutz und Asylverfahren in der Europäischen Union.

#LeaveNoOneBehind